Beim Ansprechen unserer Böcke im Revier gibt es einige Regeln, die uns helfen, Böcke korrekt zu identifizieren. Manche dieser Regeln sind zuverlässig, während andere in die Irre führen können und dazu beitragen, dass der „falsche“ Bock erlegt wird. In diesem Artikel werden wir ein paar durchgehen und hinterfragen.
Der Muffelfleck
Der Muffelfleck ist der helle Fleck oberhalb des Windfangs. Es wird oft behauptet, dass ein Bock mit ausgeprägtem Muffelfleck meistens zweijährig ist und dass dieser Fleck, je älter der Bock wird, nach oben hin verschwimmt. Dabei sollte man die verschiedenen Variationen in der Ausprägung des Muffelflecks beachten. Dies ist besonders hilfreich bei Böcken, die wir über die Jahre im Revier begleitet haben und gut kennen. Bei unbekannten Böcken mit verschwommenem Muffelfleck sollte diese Regel jedoch nicht in die Altersansprache einfließen.
Die Rosenstöcke
Die Rosenstöcke beginnen beim Bockkitz ab ca. drei Monaten zu wachsen, wobei der Hauptschub in den ersten beiden Lebensjahren erfolgt. Danach wird der Rosenstock mit jedem Abwerfen der Stangen etwas kürzer. Vor dem Abwerfen werden körpereigene Knochenfresszellen aktiviert, die den Rosenstock unterhalb der Rose auflösen. Bei älteren Böcken wirkt es manchmal, als würden die Rosen direkt auf dem Haupt aufliegen.
Ein breiter Brustkorb
Mit zunehmendem Alter vergrößert sich der Brustkorb des Bocks. Bei einem ein- oder zweijährigen Bock stehen die Vorderläufe eng nebeneinander, wodurch sie langbeiniger erscheinen. Bei älteren Böcken scheint der Körper zwischen den Vorderläufen zu liegen. Durch den verbreiterten Brustkorb ist der Vorschlag bei seitlicher Betrachtung deutlich ausgeprägter.
Die graue Maske
Das Alter anhand der Färbung der Gesichtsmaske zu bestimmen, ist schwierig. Es wird oft gesagt, dass Jährlinge in der Regel ein dunkles, einfarbiges Gesicht haben, mittelalte Böcke die „buntesten“ Häupter und die alten Böcke grau werden. Obwohl dies häufig zutrifft, gibt es viele Ausnahmen. Um sich an der Hauptfärbung orientieren zu können, muss das Fell durchgefärbt sein, was frühestens im Juni der Fall ist. Trotzdem bleibt jeder Bock ein Individuum. Auch ich zähle mich zum Mittelalter, aber ich bin bereits recht grau.
Die Körperhaltung und Bewegung
Ältere Böcke haben oft eine schwerfälligere und bedächtigere Bewegung als jüngere Böcke, die tendenziell schneller und agiler sind. Die Körperhaltung eines alten Bocks kann auch steifer und weniger geschmeidig wirken. Jüngere Böcke sind oft neugieriger und zeigen ein verspielteres Verhalten.
Die Stangenstruktur
Neben der Länge der Stangen kann auch deren Struktur und Masse Aufschluss über das Alter eines Bocks geben. Ältere Böcke neigen dazu, dickere und massigere Stangen zu haben, oft mit Perlung und ausgeprägten Rosenstöcken. Die Stangen jüngerer Böcke sind oft glatter und schlanker.
Die Nackenmuskulatur
Ein weiteres Anzeichen für das Alter eines Bocks ist die Nackenmuskulatur. Ältere Böcke haben meist einen kräftigeren, muskulöseren Nacken, der im Verhältnis zum Körper breiter erscheint. Dies kann besonders bei der seitlichen Betrachtung auffallen.
Das Verhalten im Revier
Das Verhalten eines Bocks kann ebenfalls Hinweise auf sein Alter geben. Ältere Böcke sind oft territorialer und dominanter. Sie zeigen ein ausgeprägtes Revierverhalten und sind weniger tolerant gegenüber anderen Böcken. Jüngere Böcke zeigen häufiger unterwürfiges Verhalten und halten sich in der Nähe von Deckungen auf.
Fazit
Das waren einige der Ansprechregeln, die euch helfen sollen, im Revier die richtige Entscheidung zu treffen. Es sollte immer das Gesamtbild stimmen, um den „richtigen“ Bock erlegen zu können. Am wichtigsten ist es, sein Rehwild gut zu kennen. Denkt daran, eine fliegende Kugel kann man nicht zurückholen.
Ich wünsche euch Waidmannsheil und guten Anblick!
Autor: Thomas Wierer - Jäger und Experte bei HUNTIFY 05/2024